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GABOUN – KONGO – DR KONGO 6.12. – 12.12. Ndende – Matadi „Die Brücke ist nicht passierbar – sie wurde vom Regen weggeschwemmt“. Wir konnten das nicht glauben und fuhren schnell die drei Kilometer an besagte Stelle und tatsächlich – die schweren Regenfälle der letzten Tage hatte die Brücke einfach weggeschwemmt und unpassierbar gemacht. Ungläubig standen wir kurz vor Sonnenuntergang vor dieser schwierigen Herausforderung. Sollte unser Vorhaben, bis zum 15.12. in Angola einzureisen hier scheitern?

Dabei waren wir doch bis hierher ganz gut vorangekommen. Die Grenzprozedur von Gaboun nach Kongo hatte diesmal nur 65 Minuten gedauert. Die Schlammpisten hatten, wie erwartet, hinter Ndende begonnen. Obwohl wir selber noch keinen Regen abbekommen hatten, war klar, dass es hier vor kurzem geregnet haben musste. Die Lateritpiste hatte sich in eine rutschige Schlammpiste verwandelt. Noch ging es ganz gut zu fahren. Die Vegetation hatte sich inzwischen geändert. Der dichte Regenwald war der Feuchtsavanne gewichen. In Kibangou, dem ersten größeren Ort in Kongo, sahen wir ein Hotel. Doch leider meinte die Frau, die wir ansprachen, dass sich das Hotel noch in Bau befindet. Sie lud uns ein, bei ihr im Garten zu übernachten. Wir nahmen die Einladung an und waren gerade dabei unser Zelt aufzubauen, als wir das dumpfe Hämmern einer großen Einzylinder-Enduro vernahmen. Ich lief umgehend auf die Piste, doch das Motorrad mit 2 Personen und viel Gepäck war schon vorbeigefahren. Ich spurtete zurück in den Garten, sprang auf de KTM und nach 3 Kilometern hatte ich sie eingeholt. Auf der Yamaha XT 660 Ténéré saß ein Pärchen aus Rumänien. Ich lud sie in „unseren Garten“ ein. Frau Poulet, de Besitzerin hatte nichts dagegen. So waren wir also heute Abend zu viert und hatten natürlich viel zu erzählen.
Ana and Ionut, ein Architektenpärchen aus Bukarest, waren bereits im Juni losgefahren und damit länger, als wir unterwegs. Sie hatten alleine in Marokko einen Monat und in Nigeria 2 Monate verbracht. Im Gegensatz zu uns hatten sie viel Regen abbekommen, da sie auch in der Regenzeit unterwegs waren. Als wir am nächsten Morgen aufwachten und gerade unser Frühstück hinter uns gebracht hatten, ging es mit dem Regen los. Unser erster Regen seit Monaten. Wir nahmen einen Teil des Gepäcks von Ana und Ion auf den Dachträger des Toyo und los ging es bei Dauerregen. Die hügelige und tiefgrüne Landschaft war teilweise in Regenwolken und Nebel verhüllt. Die Lateritpiste war teilweise sehr schwierig zu befahren, der Boden unheimlich glitschig und rutschig. Gegen Mittag haten wir Dolisie erreicht. Hier ließ der Regen nach und wir konnten sogar bei Sonnenschein Mittag essen. Beim Konsulat von Angola machten wir einen Stopp, um uns über das Visum zu informieren. Die Diplomatin bestätigte uns, dass man für 100 Dollar ein 7 Tages Transit Visum bekommen kann. Da es jedoch noch ca. 500 Kilometer meist schlecht Piste bis zur DR Kongo - Angola Grenze waren, empfahl sie uns, das Visum in Matadi zu holen. Wir mussten bis 15. Dezember aus der DR Kongo ausreisen und Ana und Ion bereits am 14. Dezember. So fuhren wir also am Nachmittag, nachdem wir einen defekten Stoßdämpfer am Toyo ersetzt hatten, weiter und nur wenige Kilometer hinter der Stadt konnten wir sogar im trockenen campen.

Am heutigen Tag fuhr Esther den Toyo und Ana setzte sich dazu. Ion fuhr die Yamaha und ich die KTM. Das war eine richtig lustige Rutschpartie. Doch Ion hatte mit einem fast abgefahrenen Vorderreifen und den TKC 80 von Conti als Hinterreifen schlichtweg keine geeigneten Reifen für de Schlammpiste. So Stürzte er zweimal und dabei verbogen sich die Kofferträger und der Fußbremshebel. In Madingou aßen wir leckere Koteletts von einem Buschtier, das wir nicht kannten, zum Mittag. Ein anderer Reisender empfahl uns in diesem Restaurant eine andere Strecke bis nach Luozi zu nehmen. Gesagt getan ging es weiter, doch nun prasselten wieder Regenschauer auf uns nieder. Die Piste wurde immer schwieriger zu fahren. Endlich waren wir in Boko Songho angekommen. Als wir an einem Checkpoint kontrolliert wurden, meinten die Beamten, dass die Grenze zur DR Kongo wegen der Unruhen in der DR Kongo geschlossen seien. Wir müssten mindestens 2 Tage warten. Wir waren schockiert. Doch nach etlichen Diskussionen wurde klar, dass wir nach den Formalitäten am nächsten Morgen passieren könnten. Wir wurden zu einem Sportplatz beordert und konnten hier unser Nachtquartier aufbauen. Trotz dieser widrigen Umstände, konnte ich immerhin einen 6- km-Lauf absolvieren.

Es dauerte eineinhalb Stunden bis wir die Grenzbehördengänge am nächsten Morgen absolviert hatten. Zudem hatte es wieder angefangen zu regnen – aber wie! Starker Dauerregen machte die bergige und enge Piste jetzt zu einer wahren Schlammschlacht. Das Problem war nicht einfach nur der Schlamm, sondern die extrem tiefen Spuren, die unter Wasser nicht zu erkennen waren. Da kam sogar die große Bodenfreiheit des Toyo an die Grenzen. Mehrmals kamen wir mit dem Unterboden bzw. Motorradträger auf. Die durchschnittliche Geschwindigkeit betrug hier nur noch 6 km pro Stunde. Mittags kamen wir endlich am eigentlichen Grenzort Minga an. Wir erfuhren, dass dieser Grenzübergang nur von ca. 3-4 Fahrzeugen im Monat passiert wird und dass vor 12 Jahren einmal weiße Touristen hier durchgefahren sind. So war es kein Wunder, dass viele der Dorfbewohner jetzt zum ersten Mal Weiße zu sehen bekamen und uns entsprechend neugierig bestaunten. Nach den Ausreiseformalitäten, die sich wieder ungefähr zwei Stunden hinzogen, kamen wir also an die Stelle, mit der weggeschwemmten Brücke. An einer Stelle, war das Wasser etwa 2 Meter tief. An ein Durchfahren war nicht zu denken. Da es bereits dämmerte fuhren wir in das Grenzdorf zurück. Die Frau des Ortsvorstehers stellte uns zwei Räume ihres Hauses zur Verfügung. So mussten wir uns die Räume mit einem Hausschwein und 2 Ferkeln teilen. Wir fühlten uns erbärmlich schlecht. Die gewaschene Kleidung trocknete nicht. Die Luftfeuchtigkeit war zu hoch. Alles stank ekelhaft. Fast alle Klamotten waren von Schlamm übersäht. Und jetzt auch noch die unpassierbare Brücke.

Am nächsten Morgen wendete sich das Blatt zu unseren Gunsten. Ein Team aus 14 Dorfbewohnern, war um 9 Uhr an der Brücke eingetroffen. Der Wasserstand war zurückgegangen. Innerhalb von 1,5 Stunden hatten sie die Brücke wieder in Stand gesetzt. Überglücklich übergaben wir ihnen 12 000 CFA und konnten tatsächlich bereits um 10:30 Uhr unsere Reise fortsetzten. Doch wir hatten uns zu früh gefreut. Wir hatten zwar nach 11 Kilometern das Grenzdorf Fininga und damit die Demokratische Republik Kongo erreicht, aber kurz danach fing es wieder zu regnen an. Die folgenden 20 Kilometer bis zum nächsten Grenzposten Nkundi gehörten mit zum Schlimmsten, was wir bisher erlebt hatten. Doch letztlich erreichten wir Nkundi, wechselten Geld (hier sind der Franc Kongolais und der amerikanisch Dollar gültige Währung), aßen zu Mittag, tankten beide Fahrzeuge auf und freuten uns auf die nächsten Kilometer. Denn es hieß, dass es jetzt besser werden sollte.

Von wegen: Die großen Furchen und Schlammlöcher wurden immer tiefer, rutschiger und häufiger. Wir kamen kaum voran. Die Yamaha fuhr zwar sehr langsam, aber kam überall durch. Unglaublich, wie auch der Land Cruiser HJ 61 mit etwa 3 Tonnen Gewicht unter zur Hilfenahme von Allrad, Reduktionsgetriebe und Differentialbremse überall durchkam. Er hatte nur mit dem geringeren Böschungswinkel, der durch den Motorradträger bedingt war, zu kämpfen. Und dann war es passiert: Der Toyo saß plötzlich sowohl vorne, als auch hinten auf dem Differential auf. Die Räder drehten durch. Wir setzten die Sandbleche ein. Nichts ging mehr, denn auf Grund der Nässe rutschen die Reifen nur. Mit den Schaufeln graben: Auch das ging kaum, denn das Material unten war zu hart und man kam wegen des Wassers und des Schlammes gar nicht ran. Dann setzten wir unsere mechanische Winde ein: Doch auch die half nichts, denn der Winkel vom weit entfernten Baum war sehr steil und unser Bergegurt zu elastisch. Wir waren am Verzweifeln. Ein paar Einheimische waren auch an die Stelle gekommen, um zu helfen. Wir begannen das Fahrzeug mit Unterstützung von Muskelkraft nach vorne und hinten zu wippen. Auch das half nichts. Die Dorfbewohner hatten inzwischen Steine (woher Steine hier in dieser Gegend herkommen, bleibt uns ein Rätsel) mitgebracht und machten damit den Schlamm etwas griffiger. Nachdem wir erneut die Wipptechnik angewendet hatten und mit der Kraft von 8 Erwachsenen, gelang es uns endlich nach 2,5 Stunden den Toyo freizubekommen. Das alles geschah im feuchtwarmen Sumpfgebiet. So verwunderte es kaum, dass wir alle am Abend unter unzähligen Moskito Stichen zu leiden hatten.
Inzwischen war es dunkel geworden. Es regnete immer noch. Wir konnten nirgends anhalten, um zu campen. Also beschlossen wir, die verbleibenden 40 Kilometer bis nach Luozi durchzufahren. Nach weiteren 4 Stunden und völlig müde, entkräftet und hungrig kamen wir in Luozi gegen 23 Uhr an. Eine katholische Mission erlaubte uns, dass wir im Garten kostenlos campen durften. Es war 10:30 Uhr des nächsten Tages, als wir die Fähre am wasserreichsten Fluss Afrikas, dem Kongo, erreichten. Kaum dass wir auf der Fähre waren hieß es wieder zurück, denn der große Regen kam. Es war zum Verzweifeln. Sage und schreibe 5 Stunden mussten wir bei Dauerregen auf die Fähfahrt warten, denn erst dann hatte der Regen nachgelassen. Weitere 100 Kilometer Schlammpiste erwarteten uns bis Kimpese, wo wir die Hauptstraße und damit Asphalt erreichen sollten. Erneut hieß es, dass die weitere Strecke bis Kimpese leichter zu bewältigen sein sollte. Das stimmte diesmal. Statt 10 km/h im Schnitt schafften wir 22 km/h im Schnitt. Um 21 Uhr und damit nach 6 Tagen und 700 Kilometern Schlammpiste hatten wir tatsächlich wieder Asphalt unter den Rädern. Die 140 Kilometer bis nach Matadi auf allerbestem Asphalt hatten wir schnell erledigt und hatten endlich unser Zielort um 11 Uhr erreicht. Doch dann der Schock: Wegen der politischen Situation in der DR Kongo und der Weihnachtsferien, waren alle Angolanischen Vertretungen in der DR Kongo bis 10. oder 15 Januar geschlossen! Der Konsul von Matadi befand sich in den Ferien in Angola! Was jetzt? Sollten die ganzen Strapazen der letzten Tage ganz umsonst gewesen sein – oder konnte es einen Ausweg geben?

13.12.-20.12. Matadi

Die erste Aufgabe, die wir nun hatten, war es, unser Visum für die DR Kongo zu verlängern. Wir hatten nur noch 3 Tage, bis zum 15.12. legalen Aufenthalt hier. Also gingen wir zur Immigrationspolizei, die sich nur 100 Meter vom angolanischen Konsulat befand. Hier ging alles ziemlich schnell und unkompliziert, unser Visum wurde um 2 Monate verlängert. Kosten: 120 US Dollar pro Person. Jetzt hatten wir zumindest Zeit gewonnen, um uns nach Alternativen zum Angolavisum aus Matadi umzusehen. Diese Zeit nutzen wir natürlich auch dazu, um uns von den Strapazen zu erholen, die Fahrzeuge auf Vordermann zu bringen und ausgiebig zu reinigen. Der Toyo bekam zudem noch neue Bremsbeläge hinten und neues Getriebeöl verpasst.

Die Infrastruktur in Matadi war sehr gut. Bei einem arabischen Händler konnten wir sogar feine Beef Steaks bekommen, die wir an einem Abend gegrillt genießen konnten. Beherbergt waren wir bei Bienvenue (das ist tatsächlich sein Vorname), einem Franzosen Kongolesischer Herkunft. Sein Haus und sein von Mauern umringter Hof samt Garten, waren ein idealer Campingplatz für uns – und das für nur 5 US Dollar pro Nacht und Person.

Inzwischen kam ein weiteres Geländefahrzeug zu unserer Gruppe hinzu. Es waren Jaques und Delphine samt ihrer 3- und 6-jähigen Töchter. Ion und Ana hatten die französische Familie in Nigeria kennen gelernt. So waren wir also auf insgesamt 8 Personen angewachsen. Jaques fährt einen Land Rover Defender 110 TDI mit Aufstelldach. Auch sie wollen Afrika einmal umrunden, haben sich aber 1 Jahr Zeit dafür genommen.

In der Zwischenzeit hatten wir herausgefunden, dass es auch in Muanda ein angolanisches Konsulat gibt. Doch auch die war geschlossen. Ein Blick auf die Webseite der angolanischen Botschaft in Berlin bestätigte unsere Befürchtung: Auch diese Vertretung war bis 9. Januar 2012 geschlossen. Blieb also nur noch die Botschaft in Kinshasa. Von hier erhielten wir eine weitere Hiobsbotschaft: Nicht nur, dass Kinshasa keine Transit Visa ausstellt, uns wurde auch mitgeteilt, dass es Order gib, Overlander mit eigenem Fahrzeug keine Transitvisa mehr zu erteilen. Damit war auch die Option, bis zum 9.1.2012 zu warten eine eventuelle Sackgasse.

 

So bleibt uns also nur noch eine Alternative: wir müssen versuchen mitten durch den tiefsten Kongo nach Osten einen Weg zu finden, um nach Sambia einzureisen und dann nach Namibia. Das sind statt der 2000 km durch Angola etwa 4000 km bis nach Nordnamibia und davon etwa 200 – 400 km, die zur Regenzeit nicht passierbar sein sollen. Die Regenzeit hatte im Dezember begonnen und sollte bis Juni gehen. Schön, dass wir während der gesamten Woche Aufenthalt in Matadi keinen Regen hatten.

20.12. – 22.12. Matadi – Kikwit

Unglaublich aber wahr: wir fahren auf einer 8-spurigen Teerstraße durch das Zentrum von Kinshasa, der Hauptstadt der DR Kongo. Viele Hochhäuser sind zu sehen und das Zentrum ist sehr modern. Einkaufscenter nicht nur mit Lebensmitteln, sondern auch mit allen möglichen elektronischen Geräten zeugen davon, dass es hier auch Reichtum gibt. Die Stadt ist groß, etwa 40 km in der einen Richtung. Wie viele Millionen hier leben ist unbekannt – man munkelt mehr als 6 Millionen.

Nur wenige Kilometer außerhalb des Zentrums sieht es ganz anders aus. Der Asphalt hört auf, Schlamm und Dreck prägen die Straßen. Sehr viele arme Menschen, versuchen hier in der Hauptstadt ihr Glück zu finden – und scheitern meist durch noch größere Armut. Wo in anderen afrikanischen Städten Esel und Eselskarren die Lasten ziehen, sind es hier die Menschen selber, die monströs bepackte zweirädrige Lastenkarren ziehen.

Von Matadi bis Kinshasa konnten wir eine gut ausgebaute Teerstraße entlang fahren und die Savannenlandschaft genießen. Auch danach bleibt uns diese Landschaftsform erhalten. Mit dem Unterschied, dass auch immer häufiger dichter Regenwald die Savannenlandschaft durchkreuzt. Es bleibt auch weiterhin hügelig bis bergig. Wir haben kaum einmal weite Ebenen. Es ist ein Genuss, auf einer guten Teerstraße das satte Grün und die üppige Vegetation zu bestaunen. Da zahlen wir auch gerne die Straßenmaut, die immer wieder anfällt. Jon, Anna, Jaques, Delphine und die Kinder waren noch in Kinshasa. Deren Idee war es, die Kinder und Delphine per Flugzeug nach Lubumbashi zu schicken und dann mit dem Defender und der Yamaha Richtung Lubumbashi aufzubrechen.

Wir hatten inzwischen Kikwit erreicht. Auch hier sieht man, wie in allen Städten der DR Kongo, viele Kirchen und kirchenähnliche Institutionen. Es gibt unheimlich viele verschiedene Sekten und Religionsgemeinschaften, die hier ihr Unwesen treiben. Immer wieder muss man laute Predigten ertragen, die bereits morgens um 5 Uhr anfangen und immer mit extrem lauter Musik untermalt sind. Man wird den Eindruck nicht los, dass hier die vielen armen Menschen einer Gehirnwäsche unterzogen werden. Christliche und vor allem katholische Missionsarbeit ist hier in vollem Gange.

160 Kilometer hinter Kikwit soll die Asphaltstraße der RN 1 laut Michelin Karte wieder zur Piste werden. Wir sind gespannt.

23.12. – 29.12. Kikwit – Mbuji-Mayi

Von wegen 160 Kilometer – bereits nach 80 Kilometern hört der Asphalt auf und wir stehen vor einer breiten Schlammpiste, die in jeder Richtung durchzogen ist von tiefen Fahrspuren, die von den großen LKW-Reifen herrühren. Da ist kein Durchkommen möglich. Um nach Kilembe und dann nach Tschikapa zu gelangen, heißt es, muss man eine kleine Nebenpiste nehmen, die besser sei. Gesagt getan fahren wir nochmals etwa fünf Kilometer zurück und zweigen dann nach rechts ab. Und tatsächlich es eine ganz gut fahrbare Sandpiste, nur 1-2 mal mit Schlammpassagen, die wir ganz gut bewältigen können. 80 Kilometer weiter erreichen wir wieder die RN 1.

Doch hier sieht die Piste noch schlimmer aus, als vorher. An einem Anstieg ist die Piste so sehr verspurt, dass sogar zwei LKW am Berg gestrandet sind. Und beide LKW wurden aufgegeben. Auch wir stecken gleich beim ersten Versuch nach oben zu kommen, im dicken Schlamm und Modder fest. Nach einer halben Stunde schaufeln, kommen wir wieder frei. Was tun? Wie können wir diese Piste bewältigen? Man muss wissen: Es handelt sich hier um die Hauptstraße der DR Kongo, vergleichbar mit der B1 in Deutschland.

Wir treffen einen anderen Landcruiser-Fahrer. Der erzählt uns, dass es eine Umfahrung über Idiofa, Ilebo und Mweka bis Kananga gibt. Wir finden die Strecke auch auf der Karte. Das sind 810 km offroad Piste, die uns erwarten. Um nach Idiofa zu gelangen müssen wir nochmals die 80 km Piste zurückfahren und dann weitere 100 km. Erst in der Dunkeheit erreichen wir endlich Idiofa.

Wir haben Glück mit dem Wetter. Es regnet nicht. Es ist sonnig und trocken. Die Piste ist ganz gut fahrbar. Meistens haben wir tief verspurten Sand. Nur zweimal bleiben wir auf dieser Etappe im Sand stecken – beides mal weil wir frühzeitig mit dem Differenzial aufsetzen. Zu wenig Bodenfreiheit! Unser Landcruiser mit zu wenig Bodenfreiheit - das hätten wir nie für möglich gehalten! Aber die Pisten im Kongo haben ihre eigenen Gesetze! Noch wissen wir nicht, welch Genuss es sein kann, trockenen sauberen Sand wegzuschippen und jeweils bereits nach einer halben Stunde weiterfahren zu können.

Als wir den Fluss Loange erreichen, ist es kurz vor Dunkelheit. Wir wollen jetzt schnell mit der Fähre übersetzen und uns einen Schlafplatz suchen. Doch daraus wird nichts. Nach der Registrierungsprozedur bei der Polizei, wird und zu verstehen gegeben, dass die Fähre sich auf der anderen Seite befindet und zum starten 2 Batterien benötigt. Wir mögen doch unsere Batterien zur Verfügung stellen, 50 Dollar Gebühr für die kurze Überfahrt zahlen und 20 Liter Diesel für die Fähre spenden, damit sie fahren kann. Uns platzt der Kragen und wir schreien die Leute an. Doch wenn wir warten, kann das 1-2 Tag dauern bis ein weiteres Fahrzeug dazu kommt. Es hilft nichts. Nach harten Verhandlungen einigen wir uns darauf, dass wir unsere beiden Autobatterien demontieren (zum Glück fährt unser Landcruiser mit 24 Volt), die dann mit einer Piroge rüber gefahren werden, 15 000 Francs Kongolaise bezahlen (13 Euro) und 10 Liter Diesel zur Verfügung stellen. Als wir auf der anderen Seite ankommen, sind wir überglücklich und suchen uns in der Dunkelheit ein annehmbares Plätzchen.

Das nächste Hindernis ist vergleichsweise leicht zu bewältigen. Die Piste ist mal wieder von einem LKW blockiert. Der Grund: Ein Baum ist quer über die Piste gefallen. Gut dass die Leute alle hier eine Machete besitzen. Binnen fünf Minuten war der Baumstamm durchtrennt und Fahrt konnte fortgesetzt werden.

Inzwischen ist die Strecke etwas besser geworden. Die Piste ist breiter und gepflegter. Bis zu 40 km/ h sind jetzt möglich. Doch dann machte Unser Toyo Probleme. Zwischen Halbgas und Vollgas nahm er keinen Diesel mehr an. So konnten wir die zwischenzeitlich gute Strecke gar nicht genießen. Am Abend waren wir dann ganz schön frustriert. Der Toyo lief nicht richtig und wir kamen gar nicht so richtig voran. Vielleicht brachte uns ja der nächste Tag eine erfreuliche Überraschung?

Nichts der Gleichen. Die Strecke wurde wieder schwieriger und schon nach kurzer Zeit war es wieder passiert. Der Toyo steckte im Schlammloch fest. Immerhin nach einer Stunde buddeln kamen wir wieder frei. Der Blick für Besonderheiten auf der Strecken geriet immer weiter in den Hintergrund – wir hatten mehr und mehr nur noch einen Gedanken, schnellstmöglich bis Mbuji-Mayi zu kommen – von da an sollte es eine Kinderspiel bis Lubumbashi sein, so sagte man uns.

Am nächsten Tag erwartet uns schon die nächste Überraschung. Wir gelangen an eine Brücke, die einen weiteren Dschungel-Fluss überspannt. Die Brücke ist schwer Reparatur bedürftig. Uns wird mulmig zu Mute. Hier drüber fahren? Die im 2/3 der Brücke fehlenden Holzplanken machen die Überfahrt unmöglich. Am Rand der Brücke gibt es aber noch genügend Holzplanken. Doch einer passt auf sie auf und gibt sie nicht heraus. Er sagt, dies sind privat und nur für den Notfall gedacht. Als ob dies kein Notfall wäre. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die losen Holzplanken von immer wieder zu verwenden. Dass wir dabei über dünne Metallgitter balancieren müssen in einer Höhe von 5 Meter über dem schnell fließenden Fluss, macht die Aufgabe alles andere als einfach. Unser Adrenalinspiegel ist auf Maximum. Mehrmals biegen sich die losen Holzplanken durch und zwei brechen dabei sogar durch. Mit großer Wut im Bauch und viel Überwindung gelingt es uns den Landcruiser letztlich auf die andere Seite zu bekommen. Geschafft!!!

Wir hatten es auf der Karte bereits mit einem mulmigen Gefühl registriert. Uns erwartete eine zweite Fährfahrt über den Kasai Fluss – einem riesigen Seitenarm des Kongo. Als wir gegen 11 Uhr am Fluss ankommen stehen bereits zwei große LKW bereit. Es ist der 25. Dezember und damit Weihnachten. Die Fähre fährt heute nicht. Sondern erst morgen gegen 10 Uhr. So hatten wir also einen weiteren Tag Zwangspause. Wir genossen unser Mittagpicknick bei Sonnenschein, begannen unsere Wäsche im Kasai Fluss zu waschen und aufzuhängen. Erneut hatten wir Glück, dass es trocken und sonnig war – die Wäsche wurde auf einer Leine zwischen Landcruiser und einem LKW aufgehängt. Zum Schlafen jedoch fuhren wir zwei Kilometer zurück in ein Dorf, baten den Dorf-Vorsteher um Erlaubnis zum Übernachten und machten unser Lager klar. Es waren mindesten 200 Menschen, die uns umringten und neugierig musterten.

Erwachsene genauso wie Kinder. In einem anderer Teil des Dorfes waren Trommeln und Gesang zu hören. Wir schauten uns das an und tanzten mit. Dadurch stieg die Stimmung noch weiter an. Die Dorfbewohner waren begeistert. Esther tanzte und ich begann meinen Trainingslauf. Ich konnte ungefähr. 50 Kinder animieren mit mir mitzulaufen. Wir liefen in einer großen Meute die Piste entlang. Die Kinder begannen ein Lied zu singen und unser Laufschritt entsprach dem Takt des Gesangs. „Juguri, Juguri, Ju – Ju!“ Nach nur 2 Kilometern machten die Kinder schlapp. Ich lief noch weiter 2 und als ich zurück kam, war ich total erstaunt: Die Kinder hatten auf mich gewartet. Von nun nan nannten Sie mich Meister und waren stolz mit mir laufen zu dürfen. Wir liefen durch ein anderes Dorf und es schlossen sich noch mehr Kinder an. Nach 8 Kilometern kamen wir wieder im Ursprungsdorf an, und schlossen uns dem Tanz an. Nach dem Duschen und einem tollen Abendessen mit Nudeln mit Thunfisch-Tomatenauce ging dieser ereignisreiche Tag zu Ende.

Mit Afrikanischer Pünktlichkeit kommt die Fähre am nächsten Tag um 10:30 Uhr an. Ein LKW und wir dürfen rauf. Verlangt werden 30 Dollar und 50 Diesel. Bekommen hat der Fähr-Käptn insgesamt 50 Dollar. Hier gibt es keine Gesetze – sondern mafiöse Strukturen. Da verdienen viele andere Menschen mit. Und auch schwarze LKW Fahrer müssen diese teueren Summen berappen (50 Dollar und 100 Liter Diesel). Der Fluss ist wirklich breit. Wir fahren etwa 15 Minuten bis wir die andere Seite erreichen. Die Fähre legt an, der LKW legt den Gang ein und los geht’s. Die Fähre biegt sich mehr und mehr, der LKW ist groß und wie immer überladen und prompt ist es passiert – der LKW hängt zwischen Fähre und Ufer fest. Wie soll der LKW jemals frei kommen? Es dauert ganze drei Stunden, bis ein anderer LKW kommt und den festgefahrenen LKW beim zweiten Anlauf herausziehen kann.

Sehr spät, aber immerhin erreichen wir Ilebo, ein trost- und charakterloses Städtchen. Zumindest können wir unsere Dieselvorräte für teures Geld per Kanister auffüllen lassen, Brot, Zwiebeln und Tomaten einkaufen.

Die Piste Richtung Mweka wird jetzt immer anspruchsvoller. Mal ist es Tiefsand, mal wieder Lateritpiste. Die Piste ist häufig sehr eng und mitten durch den Dschungel geschlagen. Die Schlammpassagen werden immer häufiger. Und dann ist es passiert. Beim vorneweg fahren und den richtigen Weg für den Toyo suchen, bin ich in einer tiefen Schlammpassage zu langsam und stecke tatsächlich mit der KTM fest. Der Toyo zieht mich schnell mit einem Abschleppseil heraus. Aber auch mit dem Toyo bleiben wir zweimal im Schlamm stecken.

Der Grund ist immer der derselbe – zu wenig Bodenfreiheit und Aufsetzen mit dem Differential bzw. dem Motorradträger. Das Wegschaufeln im Schlamm ist um ein mehrfaches anstrengender und unangenehmer, als im Sand. Der Schlamm stinkt erbärmlich, alle Klamotten, Arme und Beine, Füße und Hände sind voller Dreck und Modder. Und es dauert immer 2-3 Stunden bis wir freikommen. Doch wir haben uns zu früh gefreut. An einer engen Stelle steckt ein LKW fest. Wir können nicht vorbeikommen. Der LKW ist natürlich überladen und hat nur Heckantrieb. Nach einer Stunde zuschauen beschließen wir, den rechten Teil der Piste so abzutragen, dass wir am LKW vorbeikommen. Mit zwei Schaufeln brauchen wir eine Stunde und kommen dann tatsächlich vorbei – geschafft!

Tiefsandpassagen wechselten sich mit Schlammpassagen ab. Teilweise war die Piste 4-5 Meter tief in den Lateritboden geschlagen. Wir erreichten am Mittag Kakenge. Im einzigen Restaurant wollten wir das gekochte Ziegenfleisch mit Brot essen. Doch die Tatsache, dass das Fleisch mit Haut und Haaren in der Sauce schwamm, zwang uns die Mahlzeit zurückgehen zu lassen. Der Frust setzte sich immer tiefer in uns fest. Erneut steckten wir im Schlamm fest. Annähernd 100 Leute sahen uns dabei zu, wie wir den Wagen freischaufelten. Das Hilfsangebot der Einheimischen war immer verbunden mit Geldforderungen. Die Landbevölkerung ist unglaublich arm und perspektivlos. Immer wenn man uns Weiße (und damit vermeintlich Superreiche) sieht, sind die Worte und Gestiken eindeutig: Es wird verlangt nach Geld, Zigaretten und Alkohol. Das gilt auch für Polizisten bei den Straßenkontrollen, die uns quasi anbetteln. In den Dörfern gibt es keinen elektrischen Strom und keine fließendes Wasser. Es gibt nicht einmal gefasste Brunnen, wie im Niger oder in Mali. Die Menschen sind gezwungen Regenwasser oder aus dem Fluss zutrinken. Kein Wunder, dass die Menschen ihre Würde verlieren und degenerieren.

Endlich, es ist der sechste Tag seit Kikwit, erreichen wir Kananga. Auf der Karte sieht der Ort richtig groß aus. Doch die Realität ist eine andere. Die Infrastruktur ist sehr dürftig. Es gibt kein Fleisch und außer Zwiebeln und Tomaten auch kein Gemüse. Zudem wird der Dieselpreis immer teurer. Hier kostet der Liter schon 1,50 Euro. So wird die Umfahrung von Angola richtig teuer. Nicht nur, dass wir 2000 km mehr fahren müssen, wir haben durch die anspruchsvollen Pisten einen 1,5 fachen Verbrauch bei 5-fachem Dieselpreis.

Der Dieselfilter wird ausgewechselt und schon läuft der Toyo wieder 1A. Die Straße Richtung Mbuji-Mayi ist zunächst eine kaputte Teerstraße und geht dann in eine annehmbare Lateritpiste über. Etwa 40 Kilometer vor dem Mukambi See wird es wieder anspruchsvoller. Riesige Schlammlöcher müssen durchquert werden. Immer wieder müssen wir die Passagen zu Fuss ablaufen. Die Pistenfahrten erfordern eine permanente Konzentration auf die Strecke. Das kostet sehr viel Kraft und Energie. Immer wieder gibt es Umfahrungen der extra tiefen von den LKW verursachten Schlammlöcher. Diese sind mal gut mal schlecht, aber auch immer für Überraschungen gut. Diesmal jedoch haben wir eine technische Panne: nach dem Lac Mukambi kurz vor Dunkelheit funktioniert plötzlich die Kupplung nicht mehr. Mitten auf der schlammigen Piste gibt es kein vorankommen mehr. Wir müssen mitten auf der Piste übernachten.

Am nächsten Morgen machen wir einen Plan: Mit der KTM nach Mbuji Mayi fahren und einen neuen Kupplungszylinder kaufen und wieder zurückkommen. Umso erfreuter sind wir, als bereits um 9 Uhr ein LKW ankommt. Der Fahrer und Mechaniker steigen aus, sehen sich die Situation an und fangen an, das Teil zu demontieren. Durch den Gebrauch von Strukturband, wird die Dichtung verbreitert und tatsächlich bleibt das Hydrauliköl im Kreislauf und wir können wieder fahren. Überglücklich erreichen wir Mbuji Mayi und können sehr schnell ein Kupplungskolben ergattern, zudem auch endlich wieder Fleisch und Gemüse. Das sollte es also gewesen sein mit den schwierigen Pisten und den Abenteuern in Kongo. Wir freuten uns jetzt auf Asphaltstraßen und gute Pisten bis Lubumbashi.

30.12. – 4.1. Mbuji-Mayi – Kamina

Die Landschaft ist fantastisch, als wir auf einer Asphaltstraße Richtung Kamina fahren. Man kann die unendlichen Weiten des Graslandes erkennen. Nur wenige male werden sie von dichtem Regenwald unterbrochen. Nach 130 Kilometern Schlaglochasphalt erreichen wir eine sandige Piste. Es ist Sylvester. Nahe bei einem Dorf schlagen wir im Busch unser Nachtlager auf. Abends genießen wir die angenehmen Temperaturen von 25 Grad und den Sternenhimmel. Das Sylvestermenü ist großartig. Es gibt eine türkische Tarhana Suppe, Tomatensalat, gegrilltes Ziegenfleisch (ohne Haare) und als Nachspeise frische Ananas. Dazu trinken wir das leckere Skol-Bier und stoßen bereits um 22 Uhr auf das neue Jahr an, bevor wir uns ins Bett legen.

Das neue Jahr aber fängt gleich mit einer Katastrophe an. Nach nur 35 Kilometern Fahrt geht es nicht mehr weiter. Die Zentralschraube des hinteren linken Blattfederpaketes ist gebrochen und die Achse ist verschoben. Wir sind am Ende. Glücklicherweise befinden wir uns in der Nähe eines Dorfes und siehe da, es gibt hier tatsächlich einen Mechaniker. Mit Hilfe zweier Wagenheber und einer Ersatzschraube wird das Federpaket wieder zurechtgerückt. Bei der Kontrolle der restlichen Blattfedern sehen wir, dass vorne rechts drei von sechs Blattfedern gebrochen sind.

Wir erreichen Kaniama. Hier gibt es Papa Guy, einem Mechaniker belgischen Ursprungs aus der Kolonialzeit. Das erste Mal sehen wir einen Weißen, der mit seiner Familie in der Abgeschiedenheit eines Dschungeldorfes lebt und arbeitet. Die Familie ist sehr herzlich und wir können auf dem Platz campen. Das ist auch bitter nötig, den während der Reparatur gießt es in strömen. An eine Weiterfahrt ist erst morgen zu denken.

Am nächsten morgen steigt Fredi als Beifahrer bei uns ein und ich nehme die KTM. Er ist einer von 3 Ärzten in der Region und muss nach Kamina. Da er die Strecke sehr gut kennt, kann er uns den besten Weg durch den Dschungel zeigen. Denn die Strecke ist vor allem am Anfang alles andere als einfach. Angeblich ist es möglich diese 220 Kilometer an einem Tag zu schaffen, na ja…

Während der Fahrt unterhalten sich Fredi und Esther ausgiebig über die medizinische Situation im Kongo. Fredi hat in Lubumbashi Medizin studiert und ist einer von drei Ärzten in einer Region, so groß wie Baden. Während des Studiums musste er pro Semester 450 $ Studiengebühren bezahlen. Er fährt jeden Monat unvorstellbare 3000 Kilomter Buschpiste, um zu seinen Patienten zu gelangen. Hauptjob ist es, das Fieber der Kranken zu senken, Malariatherapie und Tbc-Behandlung. Da es keine Radiologie oder Ultraschalldiagnostik gibt, muss bei jeder Erkrankung operiert werden. Durch das Militär, Drogen und teilweise erst 12-jährigen Prostituierten beträgt die HIV Rate hier 9 Prozent mit steigender Tendenz. Familienplanung ist in den Dörfern gänzlich unbekannt. So sind Familien mit 10 und mehr Kindern keine Seltenheit. Die Kinder sind auf sich allein gestellt, während die Eltern auf den Feldern arbeiten. Der Schulweg ist teilweise 10 km lang – also für Kinder beinahe unerreichbar. So verschlimmert die fehlende Bildung alles noch zusätzlich. Kurzum es existieren hier unhaltbare Zustände.

Als es Abend wird, sind es noch 100 km bis zu unserem Ziel. So müssen wir wieder im Busch übernachten. Am nächsten Tag sind wir total überrascht, als wir 2 belgische Motorradfahrer mit einer KTM 690 Adventure und BMW X-Challenge treffen. Wer begibt sich denn freiwillig auf die schlimmsten Pisten der Welt? Die beiden sind in Lusaka gestartet und wollen in 3 Wochen Kinshasa erreichen. Die Motorräder haben wenig Gepäck, so dass sie über die Pisten ganz gut durchkommen. Allerdings raten sie uns dringend davon ab, die RN 1 Richrung Lubumbashi weiterzufahren, da die Piste auf 60 Kilometer für kleine Fahrzeuge, wie den Land Cruiser kaum passierbar ist. Sie und auch Dr. Fredi empfehlen uns über Sokole nach Kolwezi zu fahren. Gegen Mittag erreichen wir endlich Kamina. Die Infrastruktur ist gut und wir können uns ganz gut versorgen. Nach der herzlichen Verabschiedung von Fredi kommt die nächste große Herausforderung auf uns zu: 340 Kilometer Piste bis Kolwezi.

Kamina – Kolwezi 5.1.- 11.1.

Wir stecken fest. Es gibt kein vor und kein zurück mehr. Der gesamte Unterboden des Toyo sitzt auf und die Reifen drehen durch. Innerhalb der ersten drei Stunden hatten wir 30 Kilometer geschafft. Eine extrem anspruchsvolle und Kräfte zehrende Strecke. Es hatte über Nacht sehr heftig geregnet. Immer wieder musste einer von uns aussteigen und die schwierigen Passagen ablaufen und schauen wie tief das Wasser bzw. der Schlamm ist.

Und trotzdem sitzen wir fest. Obwohl ich Mitte und links gefahren bin, war der Toyo abgerutscht und konnte nicht mehr weiter. Wir konnten nicht einmal aussteigen, ohne durch den Schlamm waten zu müssen. Es blieb uns nichts anderes übrig wieder zu beiden Schaufeln zu greifen. Nach fünf Stunden hatten wir immer noch keinen Erfolg und waren dem Verzweifeln nahe. Ich fuhr mit der KTM in das Dorf Kinda zurück, um Hilfe zu holen. Doch leider waren alle drei Fahrzeuge, die es in dem Dorf gab fahruntüchtig. Die Piste war sogar für die KTM zu schwierig. An einem steilen und tief verspurten Anstieg fiel ich um, weil das Hinterrad im glitschigen Schlamm auf festem Laterit einfach weg rutschte. So kam ich voller schlammiger Klamotten und ohne Hilfe zu Esther zurück. Es war ekelig. Alles stank zum Himmel. Es half nichts. Wir mussten hier über Nacht bleiben. Beide Sandbleche dienten jetzt als Brücke vom Auto in den Busch. Als ob wir nicht schon genug gestraft wären, bekam ich es mit dem Kreislauf zu tun und hatte plötzlich Durchfall bekommen. So musste ich das Bett im Auto drei mal in der Nacht Richtung Busch verlassen. Diese Nacht gehört damit zu den schlimmsten Erinnerungen meines Lebens.

Obwohl wir am nächsten Tag mit Hilfe von sieben weiteren Helfern das Auto trocken gelegt hatten, war es ein LKW, der uns gegen 11 Uhr mit Leichtigkeit herauszog. So bestätigte sich die Statistik, dass einmal pro Tag ein Fahrzeug vorbeikommt – und wir waren sehr happy.

Endlich konnte es weitergehen. Aber auch nur 13 Kilometer. Mit einem lauten „Rumms“ blieben wir stehen. Die hintere Achse hatte sich verschoben und die Kardanwelle hing nach unten. Diesmal hatte es die Zentralschraube des rechten hinteren Blattfederpaketes erwischt, sie war gebrochen. Inzwischen nahmen wir solche Situationen gelassen hin. Wir schlugen mitten auf der Piste unser Lager und entspannten uns. Auch der Regen, der jetzt jeden Tag herunterprasselte konnte uns nichts anhaben, denn wir hatten zwischen Toyo und KTM eine Plane aufgespannt.

Am nächsten Morgen begannen wir mit der Arbeit, mit Wagenheber und einem zurecht gehackten Baumstamm stützen wir das Fahrzeug ab, richteten die Achse zurecht ersetzten die Zentralschraube durch eine Schraube der KTM Lenkererhöhung und montierten die Kardanwelle.

So konnte es am nächsten Tag weiter gehen. Wir machten uns keine Illusionen. Die Piste wurde nicht besser sondern schlechter. An einer weitläufigen Umfahrung folgten wir der frisch in den Dschungel geschnittenen Piste. Die Büsche und Bäume waren so geschnitten, dass ein LKW durchpasste. Das Problem war die Sicht. Hinter großen grünen Blättern verbarg sich ein Baumstumpf und zack, es macht knack und der Auspufftopf bricht ab. Auch das noch. Wir demontieren den vorderen Teil und den hinteren befestigen wir mit einem Spanngurt an den Rahmen.

Der Land Cruiser war jetzt sehr laut. Aber es konnte weitergehen. Inzwischen hatten wir Sokele erreicht und standen vor der nächsten Herausforderung. Die Brücke, die den Fluss Lubuji überspannen sollte, existierte nicht mehr. Wir waren gezwungen, durch den Fluss zu fahren. Als wir aber die Breite des Flusses und die starke Strömung erkannten, wurden wir fast ohnmächtig. Ich versuchte den Fluss abzulaufen und kam nur bis zur Mitte. Die Strömung war zu stark. Der Boden war voller großer Steine und das Wasser reichte mir bis zur Hüfte. Mit dem Motorrad kommt hier keiner durch. Und mit dem Toyo?

Ein Einheimischer meint, dass hier LKW und Land Cruiser durchfahren. Das Problem ist nur, dass wir keinen Schnorchel besitzen. Die Luftansaugung ist über dem rechten Radkasten, also bei etwa 90 Zentimeter. Müssen wir also hier aufgeben?

Wir überlegen kurz, nehmen eine Plane zur Hand und decken diese über den rechten Radkasten. Dann heißt es tief Luft holen und los geht’s.

Schon auf den ersten Metern spüren wir die dicken Steine im Untergrund. Das Flussbett wird immer tiefer. Auf Esthers und damit der Strömung zugewandten Seite dringt schon Wasser ins Auto herein. Nur noch zehn Meter und mit Schwung aus dem Wasser. Geschafft!!! Der Toyo und wir haben es überstanden.

Erwartete uns heute eine weitere Überraschung? Ja, denn nach etwa zehn Kilometern kommt eine riesige tief verspurte Schlammpassage. Wieder stehen wir mit Differenzial und Motorradträger fest. Diesmal sind wir insgesamt sieben Leute, mit insgesamt 4 Schaufeln. Nach vier Stunden, inzwischen ist es dunkel geworden, können wir uns befreien und schlagen gleich darauf unser Lager auf.

Der Kongo kennt kein erbarmen. Nicht mit uns, nicht mit dem Toyo und schon gar nicht mit den Einheimischen. Die im Zentralkongo gänzlich unbefahrbaren Pisten, führen dazu, dass die Waren des täglichen Lebens immer teurer sind oder schlichtweg nicht existieren. Die LKW die diese transportieren, bleiben entweder stecken oder brauchen mehrere Wochen um z.B. von Kinshasa nach Lubumbashi zu gelangen. Den Rekord brach Kaniama, wo ein Liter Diesel knapp zwei Euro kostet und eine Flasche Bier drei mal so teuer ist, wie in Matadi.

Da es hier keine Esel gibt, wie in den Sahelländern, sind die Menschen auf das Fahrrad angewiesen. Unglaublich aber wahr, die „Fahrradschieber“ transportieren bis zu 200 kg Mais (oder anderes) mit dem Fahrrad und schieben es dabei durch Sand und Schlamm. Und das tagelang. So schaffen sie pro Tag 20-50 km. Für 200 kg Mais erhalten sie 50 Dollar, nachdem sie 10 Tage Fahrrad geschoben haben.

Hier wären die Milliarden, die für die deutsche Rüstungsindustrie und den Krieg in Afghanistan ausgegeben werden viel besser aufgehoben – für Straßenbau, für Brunnenbau, Solarmodule, Schulen und Krankenstationen. Dann könnten die Menschen ihre Situation aus eigener Kraft verbessern. Denn der Kongo ist reich! Reich an Bodenschätzen, wie Gold, Diamanten, Kobalt und Kupfer. Doch von diesem Reichtum profitieren wie sooft nur wenige. Die Auswirkungen von 38 Jahren Mobuto Diktatur (damals wurde der Kongo in Zaire umbenannt) und Militärregierung unter Kabila verschwinden nicht über Tag. So machen sich viel Menschen jetzt Hoffnungen, dass es unter Joseph Kabila (Jr.), der vor drei Wochen zum Präsidenten gewählt wurde, besser wird. Wir sehen das eher mit großer Sepsis.

Inzwischen waren wir 16 Kilometer weitergekommen - bis das nächste Unglück zuschlug. Mit einem lauten „Krack“ blieb das Auto stehen. Hinten rechts waren alle Blattfedern gebrochen. Die Ersatzzentralschraube war zu schwach gewesen. Jetzt saßen wir schon wieder fest. Mehr und mehr schien uns Kolwezi unerreichbar. Ja Kolwezi entwickelte sich immer mehr zum Schlaraffenland, das nur im Traum existierte.

Nach 20 Minuten kamen zwei Geländewagen vorbei. Es waren ein Tata (nur mit Heckantrieb) und ein Mitsubishi. Der Mechaniker Hannibal stieg aus und begutachtete die Federn. Er begann einen Baum abzuschlagen und daraus ein Holzstück zuzuschneiden. Diese wurde zwischen Karosserie und Achse gelegt und mit Gummibänden befestigt. So konnten wir ganz langsam tatsächlich ohne Blattfedern vorankommen. Das ging aber nur bis zum nächsten Dorf gut, da war das Holz bereits zermalmt. In dem Dorf fanden wir trockenes, rechteckiges Holz. Damit ging es etwas besser. Hätten wir Asphalt vor uns, könnten wir durchaus langsam auch ohne Federn fahren. Doch die Situation wurde immer brenzliger. Die Fahrspuren wurden immer tiefer und wir versuchten mal rechts und Mitte, mal links und Mitte zu fahren. Die Achsen verschränkten sich dabei bis zum Maximum. Mehrmals hing eines der vier Räder in der Luft. So waren nur Kriechgeschwindigkeiten bei diesen trialartigen Passagen möglich. Und es war nur eine Frage der Zeit, wann die hintere Achse sich wieder verschob.

Wir beschlossen, mit den beiden Geländewagen zusammen zu fahren. Der Tata war geklaut worden und die mitfahrende Polizei konnte das Fahrzeug in Kamina sicher stellen. Da das Fahrzeug nur Heckantrieb hatte, musste es vom Mitsubishi Pickup begleitet werden. Unsere Helfer um den Mechaniker Hannibal und den Radio-Mitarbeiter Omar waren sehr nett.

Der nächste Tag begann mit strömendem Regen und der Tata steckte immer wieder fest. Jetzt waren wir an der Reihe zu helfen. Wir hatten den stärksten Motor und die beste Traktion. Sechs mal konnten wir den Tata wieder rausziehen, bis wir eine weite aber fechte Ebene erreichten. Diese hatte sich durch den immensen Regen zu einer Art Sumpflandschaft gewandelt. Der Mitsubishi hatte einen fatalen Fehler gemacht – er war einfach fünf Kilometer weitergefahren. Die Piste war total überflutet, beim Versuch daneben zu fahren, steckte der Tata fest. Wir konnten ihn rausziehen, bis es wieder soweit war. Er saß trotz unseres Abschleppens fest. Das führte dazu, dass auch von der Piste abrutschten und wieder mit dem gesamten Unterboden aufsaßen. Vier Stunden später und kurz vor der Abenddämmerung waren beide Fahrzeuge wieder frei. Doch jetzt ging dem Tata auch noch der Motor aus. Er hatte keinen Diesel mehr. So beschlossen wir weiterzufahren und im Dorf den Mitsubishi Fahrern Bescheid zu geben. Inzwischen war es dunkel geworden und es regnete erneut in Strömen. Es waren nur noch 20 Kilometer bis zur guten Piste Richtung Kolwezi. Von dort aus sollten es nur noch 70 km gute Piste bis Kolwezi sein. Wir wollten die gute Piste unbedingt noch erreichen.

Also fuhren wir allein in der Nacht weiter. Wir hatten jetzt extrem tiefe und lang Schlammpassagen zu bewältigen. Einmal war unsere Schräglage annähernd 40 Grad und nur mit viel Gas konnten dir die fast 100 Meter Schlammpassage erfolgreich durchfahren. Sechs Kilometer vor der guten Piste, war es dann wieder passiert. Wie zu erwarten war hatte sich die Achse verschoben. Am nächsten Morgen gegen 11 Uhr hatten wir die Achse mit Hilfe des Wagenhebers und eines Baumstammes zurecht geschoben und die Kardanwelle wieder montiert. Es war 13 Uhr, als wir die gute und in großen Teilen trockene Lateritpiste erreichten. Wir hatten es geschafft – so dachten wir – und lagen uns in den Armen. Nach nur 10 Kilometern Lateritpiste kam der nächste Schock: auch alle Blattfedern hinten links waren jetzt durchgebrochen. Mit Ach und Krach und einer Durchschnittsgeschwindkeit von 15 km/h fuhren wir weiter und tatsächlich erreichten wir Kolwezi gegen 19 Uhr ganz ohne hintere Blattfedern. Wir hatten das Schlaraffenland erreicht. Umgehend gingen wir in eine Bar, tranken Bier und mit Freudentränen in Augen umarmten wir uns. Eine Stunde später kamen auch noch die Freunde Hannibal und Omar an. Auch sie hatten die grüne Hölle hinter sich gelassen. Wenig später checkten wir in einem Hotel ein, mit heißer Dusche (das erste mal seit 3,5 Monaten) und Flachbildschirm für 50 Dollar die Nacht.

12.1. – 14.1. Kolwezi

Die Infrastruktur hier war noch besser, als in Matadi. Wir konnten nach Herzenslust einkaufen, da es etliche Supermärkte unter Libanesischer oder Pakistanischer Führung gab. Mit Hannibal hatten wir auch einen guten Mechaniker. Beide Blattfederpakete wurden durch zwei gebrauchte vom Toyotoa Hilux (für insgesamt 400 US $)ersetzt. Nach nur 3000 Kilometern waren alle Bremsbeläge von allen vier Rädern unten und mussten ausgetauscht werden. Nur das Schweißen des Auspuffs vertagten wir. Beide Fahrzeuge wurden gründlich gereinigt und ich konnte endlich zum Friseur und Barbier gehen. Abends gingen wir lecker Pizza essen. Wir konnten mehrere Internet Cafes nutzen. Und das Beste: Wir konnten im Hotel unsere gesamte Wäsche in einer Maschine waschen lassen.

Insgesamt waren wir also von Matadi ganz im Westen des Landes bis Kolwezi ganz im Osten des Landes drei Wochen unterwegs gewesen. Es waren insgesamt 2900 Kilometer zu bewältigen gewesen. Davon sind 970 Kilometer Asphalt und der Rest offroad Piste, von mittelgut (bis zu 50 km/h) über schwierig (10 km/h) bis hin zu extreme Trialpassagen (1-2 km/h). Wie wir von Jaques und Jon hörten, befanden sie sich 6,5 Tage hinter uns in Kamena, obwohl sie 1,5 Tage nach uns in Kinshasa losgefahren waren. Das heißt, trotz der vielen Pannen und des Feststecken waren wir deutlich schneller unterwegs, als die anderen. Insgesamt hatten wir in der DR Kongo 38 Tage verbracht. Damit hatten wir viel Zeit und Geld verloren. Es war an der Zeit, endlich Urlaub zu machen. Wir freuten uns auf Sambia.